Zusammenfassung: Gemäß § 45a SGB XI hat der Pflegebedürftige unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch aus dem Pflegegeld finanzierte "Angebote zur Unterstützung im Alltag" in Sachleistungen umzuwandeln. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Pflegesachleistungen werden bei jedem Pflegegrad höher bezuschusst als beim Pflegegeld. In Bezug auf eine Haushaltshilfe (oder 24h-Betreuung zu Hause) zur Unterstützung im Alltag kann der Umwandlungsanspruch einen erheblichen finanziellen Vorteil bedeuten. Die größte Hürde dabei ist allerdings die Anerkennung durch die lokale Behörde.
Der Gesetzgeber unterscheidet bei den Leistungen nach §§ 36 und 37 SGB XI zwischen Pflegesachleistung und Pflegegeld. Das sind neben weiteren Leistungen wie z. B. Entlastungsbetrag, Kurzzeitpflege oder Verhinderungspflege die bedeutendsten Leistungen, die man als Pflegebedürftiger beziehen kann. Bekanntermaßen sind die Leistungen nach Pflegegrad gestaffelt. Wenn der Betrag für die Pflegesachleistungen von einem Berechtigten nicht ausgeschöpft wird, erhält er zusätzlich anteiliges Pflegegeld dafür. Dann liegt die Kombinationsleistung vor: X % Pflegesachleistung plus (100 – X %) Pflegegeld (§ 38 SGB XI).
Zusätzliche Geldleistungen durch Umwandlungsanspruch
Weniger bekannt ist die grundsätzliche Möglichkeit, Sachleistungen nach § 45 a SGB XI in sachbezogene Geldleistungen (Erstattungen) umzuwandeln. Das gilt für maximal 40 % der nach § 36 zustehenden Höchstbeträge für Sachleistungen je nach Pflegegrad. Man spricht in diesem Fall vom „Umwandlungsanspruch“. Diese können für „Angebote zur Unterstützung im Alltag“ in Anspruch genommen werden und zwar zusätzlich zu dem Entlastungsbetrag von 125 €, der ebenfalls für diese Art von Angeboten verwendet werden kann.
Wir schauen uns die im elften Sozialgesetzbuch befindliche Rechtsnorm dazu genauer an. Damit der § 45 a SGB XI für den Laien besser verständlich wird, habe ich die Sätze auf ihre wesentlichen Aussagen reduziert, indem ich Nebensätze und Ergänzungen weggelassen habe:
§ 45a SGB XI - elftes Sozialgesetzbuch
(1) 1Angebote zur Unterstützung im Alltag… 2 sind
1. Angebote, in denen insbesondere ehrenamtliche Helferinnen und Helfer… die Betreuung von Pflegebedürftigen… übernehmen
2. … (Angebote zur Entlastung von Pflegenden)
3. Angebote, die dazu dienen, die Pflegebedürftigen bei der Bewältigung von allgemeinen oder pflegebedingten Anforderungen des Alltags oder im Haushalt… zu unterstützen
3 Die Angebote benötigen eine Anerkennung durch die zuständige Behörde nach Maßgabe des… Landesrechts.
(2) Angebote zur Unterstützung im Alltag…
(3) 1 Die Landesregierungen werden ermächtigt, …über die Anerkennung der Angebote zur Unterstützung im Alltag… zu bestimmen. …
(4) 1 Pflegebedürftige… können eine Kostenerstattung… nach § 36 erhalten,… soweit… keine ambulanten Pflegesachleistungen bezogen wurden.
2 Der hierfür verwendete Betrag darf je Kalendermonat 40 Prozent des… Höchstleistungsbetrags nicht überschreiten.
3 Zur Inanspruchnahme der Umwandlung des ambulanten Sachleistungsbetrags … bedarf es keiner vorherigen Antragstellung
4 Die Anspruchsberechtigten erhalten die Kostenerstattung …bei Beantragung der finanziellen Mittel von der zuständigen Pflegekasse … .
„Umwandlungsanspruch“: Auszug aus Gesetzestext (gekürzt) - § 45 a SGB XI; kleine Ziffern: Satznummern
Zusammengefasst: Pflegebedürftige können unter bestimmten Voraussetzungen eine Kostenerstattung (Geldleistung) in Höhe der Sachleistungen nach § 36 SGB XI für „Angebote zur Unterstützung im Alltag“ erhalten. Allerdings ist der „Umwandlungsbetrag“ beschränkt auf 40 % des gemäß Pflegegrad zustehenden Höchstbetrags. Die Voraussetzungen sind:
(1) Es muss sich um ein „Angebot zur Unterstützung im Alltag“ handeln. Der Gesetzgeber nennt hier drei mögliche Formen, nämlich
1. Betreuungsangebote, die sich auf ehrenamtliche Helfer beziehen (z. B. ehrenamtliche Betreuer der Caritas).
2. Nicht näher konkretisierte „Angebote zur Entlastung von Pflegenden“.
3. Ebenfalls nicht näher konkretisierte „Angebote zur Unterstützung des Pflegebedürftigen im Alltag und im Haushalt“.
(2) Die Angebote müssen durch die zuständige Behörde „anerkannt“ sein. Die Anerkennung wird durch eine Rechtsverordnung der jeweiligen Landesregierung geregelt (siehe unten!).
(3) In dem betreffenden Zeitraum dürfen keine weiteren Sachleistungen gem. § 36 SGB XI in Anspruch genommen worden sein.
(4) Die finanziellen Mittel müssen beantragt und die Belege vorgelegt werden.
Der Umwandlungsanspruch nach § 45 a SGB XI dürfte insbesondere für die Pflegebedürftigen interessant sein, die ausschließlich Pflegegeld erhalten und so genannte „Aufwendungen zur Unterstützung im Alltag“ in Anspruch nehmen (möchten). Da der Pflegegeldbetrag niedriger ist als der (der Pflegestufe) entsprechende Sachleistungsbetrag, kann das zur Verfügung stehende Budget durch „Umwandlung“ erhöht werden.
Durch diese Kombinationsleistung des Umwandlungsanspruchs mit dem (entsprechend prozentual verbleibenden) Pflegegeld – erhöht sich insgesamt das Budget für die ambulante Versorgung im häuslichen Bereich.
Beispielrechnung
Ein Pflegebedürftiger mit Pflegegrad 4 erhält 728 € Pflegegeld pro Monat. Der Pflegebedürftige gibt zum Beispiel nachweislich monatlich 1.600 € für Angebote zur Unterstützung im Alltag aus. Bei Pflegegrad 4 liegt der Sachleistungs-Höchstbetrag bei 1.612 €. Für die Umwandlung stehen maximal 40%, also 645 € zur Verfügung. Diese können beantragt werden. Der Pflegebedürftige erhält dann eine „Kombinationsleistung“ nach § 38 SGB XI, nämlich:
40% des Sachleistungsbetrags (v. 1612 €) | 645 € |
60% des Pflegegelds (v. 728 €) | 437 € |
Summe | 1.082 € |
Der Pflegebedürftige hat also mit der Umwandlung monatlich einen finanziellen Vorteil in Höhe von 354 € gegenüber der alleinigen Inanspruchnahme des Pflegegelds, welches für die Versorgung im häuslichen Umfeld genutzt werden kann.
Zusätzlich steht der Entlastungsbetrag (v. 125 €/Monat) nach §45 b SGB XI für diese Angebote zur Verfügung.
Die Hürden des Umwandlungsanspruchs
Der Umwandlungsanspruch ist nicht allen bekannt, die möglicherweise einen Anspruch besitzen und den Vorteil für sich nutzen können. Der springende Punkt könnte der im Gesetzestext recht diffus formulierte und wenig konkrete Begriff der „Angebote zur Unterstützung im Alltag“ sein. Die Verbraucherzentrale definiert auf seiner Seite pflegevertraege.de etwas konkreter.
Für diejenigen, die eine 24h-Betreuung, Pflege- oder Haushaltshilfe beschäftigen oder entsprechende Leistungen im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags mit einer Agentur erhalten, stellt sich nun die Frage, ob diese Leistungen mit dem Umwandlungsanspruch vereinbar sind. Die Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Bezüglich der Angebote zur Unterstützung im Haushalt sind die Rechtsverordnungen der Bundesländer ausschlaggebend. Eine Linkliste der Rechtsverordnungen der Bundesländer bezüglich der Angebote im Haushalt habe ich für Sie zusammengestellt.
In Hamburg können bspw. private Nachbarschaftshelfer und Haushalthilfen durch die „Servicestelle Nachbarschaftshelfer Hamburg" registriert werden, Dieses Registration wird auf der Grundlage der Hamburgischen Pflege-Engagement Verordnung erteilt (s. Punkt 7 und 8). Dieses ist die Voraussetzung, die nachgewiesen Kosten für private Nachbarschaftshelfer oder Haushaltshilfen bei der Pflegekasse auf Basis des Umwandlungsanspruchs gemäß § 45 a SGB XI (als auch des Entlastungsbetrags v. 125 € nach §45 b SGB XI) erstattet zu bekommen.
Diesen Blogartikel habe ich nach sorgfältiger Recherche mit Blick auf eine möglichst leicht verständliche Darstellung dieses komplexen Rechts-Themas erstellt . Für Anmerkungen, Fragen oder andere Hinweise in den Kommentaren bin ich dankbar.